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OB, Umweltbürgermeisterin und Ratsmitglieder erkunden große Vielfalt im Stadtwald

Strukturreiche Mischwälder bewähren sich auch im Klimawandel

Markus Haller, Leiter Amt für Umweltschutz © Stadt Pforzheim/Laura Schaier

Erstmals seit Beginn der Corona-Krise haben Oberbürgermeister Peter Boch, Umweltbürgermeisterin Sibylle Schüssler und interessierte Mitglieder des Gemeinderats bei einer gemeinsamen Begehung wieder den Pforzheimer Stadtwald erkundet. Zum letzten Mal durch den Wald geführt wurden sie dabei von Markus Haller – der langjährige Leiter des Amts für Umweltschutz und der Forstverwaltung verabschiedet sich zum Herbst in den Ruhestand. Am Beispiel des Walddistrikts „Kahlhardt“ rund um den Erzkopf bei Huchenfeld veranschaulichte die Forstverwaltung die Bedeutung des Stadtwaldes für die Naherholung der Pforzheimerinnen und Pforzheimer. „Gerade in der für alle schwierigen Corona-Zeit haben die Menschen unsere Wälder rund um die Stadt wieder oder ganz neu entdeckt: als Ort der Entspannung, des Ausgleichs und sportlicher Betätigung in der Natur“, sagte Bürgermeisterin Sibylle Schüssler vor Ort. „Die Wälder hatten im vergangenen Jahr deutlich mehr Besucherinnen und Besucher als früher.“ In Zeiten Klimawandels bewährten sich in auch in Pforzheim strukturreiche Mischwälder besonders.

Amtsleiter Markus Haller erläuterte die ganzheitliche und sehr langfristig ausgerichtete Zielsetzung für die Bewirtschaftung des Pforzheimer Stadtwaldes: Dank der besonders naturnahen Wirtschaftsweise könnten die Belange der Naherholung, des Naturschutzes und nicht zuletzt die Bereitstellung des umweltfreundlichen Bau- und Werkstoffes Holz bestmöglich „unter einen Forst-Hut gebracht werden“, so Haller. Als Ergebnis dieser Form der Waldbewirtschaftung haben sich heute im Stadtwald fast überall vielfältige und strukturreiche Mischwälder entwickeln können, die auch in Zeiten des Klimawandels eine wesentlich bessere Stabilität aufweisen als einschichtige Wälder mit nur wenigen Baumarten, freut sich die gesamte Forstverwaltung. Der Laubbaumanteil hat in den letzten Jahrzehnten im Stadtwald stetig zugenommen. Die häufigste Baumart ist die Buche, gefolgt von der Eiche, die wie andere wärmeliebende und relativ trockenheitsresistente Mischbaumarten schon seit langem stetig bei der Waldpflege gefördert werden. Bei den Nadelhölzern ist die heimische Weißtanne die bedeutendste Baumart im Stadtwald. In den extremen Hitze- und Dürrejahren 2018 bis 2020 haben insbesondere die Tanne und abgeschwächt auch die Buche jedoch gelitten. Tausende Bäume sind abgestorben.

In den letzten drei Jahren konzentrierte sich die Holznutzung daher fast ausschließlich auf Bäume, die durch Trockenheit und Borkenkäferbefall ausgefallen sind. Die Forstverwaltung hatte dadurch mit einem hohen zusätzlichen Arbeitsaufwand sowie erheblichen Mehrkosten für Verkehrssicherungsmaßnahmen entlang von öffentlichen Straßen, Waldrändern entlang von Bebauung sowie bei viel begangenen Waldwegen zu kämpfen. „Zum Glück sind im Stadtwald bisher keine größeren Kahlflächen wie in vielen Teilen Deutschlands entstanden“, bekannte Mario Seefelder, Leiter des städtischen Forstbetriebs. In den durch die Folgen der Dürrejahre aufgelichteten Beständen finde sich mittlerweile schon reichlich Naturverjüngung - vor allem der Eiche, sodass nur relativ wenige kostenaufwändige Pflanzungen erforderlich seien. Um diese natürliche Verjüngung in einen klimastabilen Wald zu überführen, sei die aktive Mithilfe der örtlichen Jägerpächter notwendig. Nach dem zum Glück sehr regenreichen und eher kühlen Frühjahr und Sommer in diesem Jahr gibt es nun Hoffnung, dass sich die Wälder nach und nach wieder erholen können. „Die Folgen des Klimawandels werden uns aber weiterhin – nicht nur in der Forstwirtschaft – vor enorme Herausforderungen stellen“, betonten derweil Bürgermeisterin Sibylle Schüssler und Markus Haller einmütig.

Mit der Förderung der Biodiversität in den Pforzheimer Wäldern stellte Markus Haller während der Waldbegehung ein weiteres wichtiges Thema heraus. Dank der besonders naturnah betriebenen Bewirtschaftung habe der Stadtwald auch eine sehr große Artenvielfalt aufzuweisen. Im „Weißbuch Wald“ des BUND Baden-Württemberg ist der Stadtwald Pforzheim deshalb auch als Musterbetrieb ausgewiesen. Neben der naturgemäßen Wirtschaftsweise betonte Haller auch, dass annähernd 10 Prozent der Waldfläche ohne jegliche Nutzung als „Naturwaldzellen“ sich selbst überlassen bleiben. Diese Flächen verteilen sich auf das gesamte Stadtwaldgebiet und stellen wichtige Trittsteine für viele spezialisierte Arten dar. In dem alten Buchenwald am Würmhang etwa gibt es besonders viele Spechthöhlen, wo neben dem Schwarzspecht auch die seltene Hohltaube und Fledermäuse optimale Brutmöglichkeiten haben. Einen wichtigen Beitrag für diese ökologische Vielfalt leisten in den ungenutzten Waldflächen, entlang von Waldrändern und auch einzeln verteilt im gesamten Stadtwald, so Markus Haller, grob geschätzt sicherlich mehr als 3.000 über 200 Jahre alte Bäume, die als „Methusalems“ auch von Waldbesuchern besonders geschätzt werden. Zum Abschluss der Waldbegehung bedankte sich Markus Haller herzlich bei Bürgermeisterin Sibylle Schüssler und den Mitgliedern des Gemeinderats für das große Vertrauen in die Arbeit der städtischen Forstverwaltung und wünschte seinem Nachfolger in der Amtsleitung Armin Aydt sowie der gesamten Forstverwaltung viel Erfolg bei der Bewältigung der anstehenden großen Aufgaben.